Am 4. Februar erinnert der Weltkrebstag daran, dass Krebs noch immer zu den großen und oft tödlichen Volkskrankheiten zählt. Mehr als zwölf Millionen Menschen erkranken jedes Jahr an Krebs. Wissenschaftler weltweit untersuchen, wie Krebs entsteht, welche Risikofaktoren dabei eine Rolle spielen und entwickeln neue Ansätze für eine bessere Diagnostik und zielgerichtete Therapien.
In einer aktuellen Studie der Fachzeitschrift Nature Medicine* zeigen Forscher der Charité in Kooperation mit Wissenschaftlern der Novartis Institutes for Biomedical Research in Cambridge (USA), weshalb eine im Prinzip hochwirksame Therapie gegen das Mantelzell-Lymphom bei etwa einem Drittel der Patienten erfolglos bleibt. Sie fanden heraus, dass Mantelzell-Lymphome über zwei unterschiedliche Signalwege aktiviert werden können. Verantwortlich sind offenbar Mutationen in bestimmten Schlüsselproteinen.
Das Mantelzell-Lymphom ist eine eher seltene Krebserkrankung des lymphatischen Systems, bei der sich bösartig veränderte Zellen in den Lymphknoten, dem Knochenmark, der Milz oder im Blut ausbreiten. Mantelzell-Lymphome (MCL) zeichnen sich durch einen aggressiven klinischen Verlauf und eine schlechte Prognose aus. Die durchschnittliche Überlebensdauer beträgt nur etwa drei bis fünf Jahre. In den letzten Jahren wurde mit der Entwicklung des Wirkstoffs Ibrutinib ein Durchbruch in der Behandlung von MCL erzielt. Dieses Medikament hemmt ein Enzym, die sogenannte Bruton-Tyrosinkinase (BTK), das für einen der beiden Signalwege und zwar den »klassischen NFkB-Signalweg« essentiell ist. Über diesen Weg erhält die Zelle Informationen, die für ihr Überleben entscheidend sind. Eine krankhafte Daueraktivierung des Signalweges führt zu ungebremstem Wachstum und Vermehrung der Zellen. Ibrutinib unterbricht diese krankhafte Daueraktivierung und nimmt dadurch den bösartigen Zellen ihre Überlebensgrundlage. Warum das Medikament jedoch bei etwa einem Drittel aller Patienten mit MCL keine Wirkung zeigt, war bisher nicht bekannt.
Dr. Mareike Frick und Prof. Dr. Georg Lenz vom Molekularen Krebsforschungszentrum der Charité haben nun entdeckt, dass ein Teil der MCLs von einer dauerhaften Aktivierung eines zweiten, des sogenannten »alternativen NFkB-Signalweges« abhängig sein können. »Ähnlich wie der klassische Signalweg vermittelt auch der alternative Weg Überlebenssignale in den Tumorzellen«, erklärt Prof. Lenz, leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie am Campus Benjamin Franklin und Letztautor der Studie.
Bei 165 MCL-Patienten konnten in etwa 15 Prozent der Fälle Mutationen in Schlüsselproteinen des alternativen NFkB-Signalweges identifiziert werden.
»Unsere Resultate haben unmittelbare Relevanz für die Therapie von Patienten mit MCL«, betont Prof. Georg Lenz. »Im Rahmen der Diagnostik kann nun gezielt nach Mutationen im alternativen Signalweg gesucht werden, um unter Umständen das Ansprechen auf eine Therapie mit Ibrutinib vorherzusagen. Zudem könnte die Entwicklung pharmakologischer Blocker des alternativen NFkB-Signalweges eine Therapieoption für Patienten darstellen, die nicht auf Ibrutinib ansprechen.”
* Rahal R, Frick M, Romero R, Korn JM, Kridel R, Chun Chan F, Meissner B, Bhang HE, Ruddy D, Kauffmann A, Farsidjani A, Derti A, Rakiec D, Naylor T, Pfister E, Kovats S, Kim S, Dietze K, Dörken B, Steidl C, Tzankov A, Hummel M, Monahan J, Morrissey MP, Fritsch C, Sellers WR, Cooke VG, Gascoyne RD, Lenz G, Stegmeier F. Pharmacological and genomic profiling identifies NF-?B-targeted treatment strategies for mantle cell lymphoma. Nat Med. 2013 Dec 22. doi: 10.1038/nm.3435. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 24362935.