Hauptstadtkongress – Gesundheitsminister Lauterbach: „Nicht nach Einzelinteressen, sondern gemeinsam agieren“

  • Hautstadtkongress Medizin und Gesundheit in Berlin eröffnet
  • Lauterbach: „Maßnahmenpaket“ für die GKV-Finanzierung in der Ampel-Koalition in Arbeit
  • Ukraine-Gesundheitsminister Liashko: „Wir brauchen deutsche Qualität, deutsche Präzision, deutsche Verantwortung“

Berlin, 22. Juni 2022. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hat die Verantwortlichen der deutschen Gesundheitsbranche dazu aufgerufen, stärker zu kooperieren, um auch künftig eine hochwertige Gesundheitsversorgung garantieren zu können.

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„Eine zentrale Frage ist allgegenwärtig: Wie schaffen wir es, künftigen Generationen das zu erhalten, was wir zuletzt in einer großen Gesundheitskrise als unverzichtbar erlebt haben: hochwertige Gesundheitsversorgung. Erster Punkt: Wir schaffen das, wenn wir nicht nach Einzelinteressen, sondern gemeinsam agieren“, so Lauterbach in seiner Videobotschaft auf dem heute eröffneten Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit in Berlin. 

Der Minister, der wegen der gleichzeitig anberaumten Gesundheitsministerkonferenz nicht vor Ort sein konnte: „Wir schaffen das, wenn wir langfristige Strukturen verbessern, mit nachhaltiger Wirkung.“ Eine konkrete Lehre aus der Pandemie sei es, „die Gesundheitssysteme besser auf die Gesundheitsgefahren vorzubereiten.“ Wissenschaftliche Erkenntnisse müssten stärker in der Politik gehört werden. Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung sei ein Beispiel dafür.  

Der Minister kündigte zudem an, die Krankenhausversorgung künftig bedarfsgerechter zu gestalten, „indem wir Leistungen womöglich stärker ambulant einbringen“. Außerdem werde eine praxistaugliche elektronische Patientenakte „fester Bestandteil einer neuen Digitalisierungsstrategie“ sein. Nicht zuletzt gehe es auch um „langfristig attraktive Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen, vor allem in der Pflege, und es geht um die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungen.“ Lauterbach: „Für die GKV-Finanzierung erarbeiten wir in der Ampel-Koalition derzeit ein Maßnahmenpaket.“

Der Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit (HSK) wurde heute unter dem Motto „Ein resilientes Gesundheitssystem – Mythos oder Möglichkeit?“ im hub27 in der Messe Berlin eröffnet. Der dreitägige Kongress gilt als jährliche Leitveranstaltung der Gesundheitsbranche und bringt Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik, Verbänden, Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsmanagement sowie aus Wissenschaft, Medizin und Pflege zusammen.

Corona, Klima, Krieg: Krisen belasten das Gesundheitswesen

Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Karl M. Einhäupl stimmte zu Beginn auf das Thema Krise als inhaltlichen Schwerpunkt der Eröffnungsveranstaltung ein: „Wir haben momentan drei Krisen zu bewältigen: Die Corona-Krise, die Klima-Krise und den Krieg in der Ukraine.  Alle drei fordern unser Gesundheitssystem auf besondere Weise heraus.“ Für die Corona-Krise setzt Prof. Einhäupl in Zukunft auf „klare Strategien, um eine erneute Ausbreitung gut managen zu können, denn aufgrund zahlreicher Mutationen des Virus werden wir „einen schwierigen Herbst erleben“.

Dr. Thomas Götz, Staatssekretär für Gesundheit und Pflege in der Berliner Senatsverwaltung, setzt auf eine Verbesserung des Infektionsschutzgesetzes: „Das Gesetz sollte ein Repertoire darstellen, um flexibel reagieren zu können, wenn das System wieder an die Belastungsgrenzen kommt“, so Götz. Dafür brauche es ein gutes Monitoring, sowie „Indikatoren wie die Hospitalisierung, die 7-Tage-Inzidenz und die ITS-Belegung“. Zudem sollten Maßnahmen wie zum Beispiel die Anweisung in Innenräumen Masken zu tragen, zumindest möglich sein. Götz: „So wie das Infektionsschutzgesetz jetzt gestrickt ist, sind wir zu sehr eingeengt.“

Ukraine-Gesundheitsminister Viktor Liashko setzt auf Unterstützung aus Deutschland  

Zu der Krise in der Ukraine äußerte sich der ukrainische Gesundheitsminister Viktor Liashko in einer bewegenden Videobotschaft: „Mehr als 700 medizinische Einrichtungen wurden bis heute in der Ukraine angegriffen, davon 115 komplett zerstört. In vielen Gebieten gibt es keinen Zugang zu medizinischer Versorgung“, so der Minister. Deutschland sei bereits sehr engagiert, und könne der Ukraine weiterhelfen, etwa durch Material oder durch Zugang zu Technologie. Die Ukraine sei offen für jegliche Form der Kooperation – sei es, um das Gesundheitssystem insgesamt wiederherzustellen, oder auch im Kleinen, etwa durch „Coaching“ einzelner Krankenhäuser oder deren Abteilungen. „Wir brauchen deutsche Qualität, deutsche Präzision, deutsche Verantwortung. Wir brauchen die Unterstützung und die Partnerschaft Deutschlands“, so der Minister.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach ließ das Kongresspublikum wissen: „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir der Ukraine auch auf Gesundheitsebene helfen wollen.“ So werde bereits durch die Lieferung hochwertiger Prothesen und beim Aufbau von Traumazentren Hilfe geleistet. „Ohnedies versorgen wir Schwerstverletzte, die ausgeflogen worden sind, in unseren Krankenhäusern“, so Lauterbach. Es sei gut, „dass auch dieser Hauptstadtkongress im Zeichen von Humanität und Solidarität mit der Ukraine steht.“

Dr. Amy Neumann-Volmer, Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, berichtete über ihren Einsatz in der Ukraine. So werde vor allem „Nachschub an Medikamenten und OP-Material“ gebraucht. Gleichzeitig würden sich die Mitarbeitenden vor Ort um viele Menschen kümmern, die zu alt oder zu krank seien, um aus dem Land zu fliehen, und die unter chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes leiden würden. Neumann-Volmer: „Nur weil Krieg ist, hören Menschen nicht auf, krank zu sein.