Ultraschallgerät für die Kitteltasche – Fokussierte Notfallsonografie in der Notfallmedizin

Professor Dr.med. Joseph Osterwalder, Chefarzt der Zentralen Notfallaufnahme am Kantonspital St Gallen/Schweiz/Photo: DEGUM
Ein Patient wird in die Notaufnahme im Kantonspital St.Gallen/Schweiz gebracht. Eigentlich sollte er sofort intubiert werden, Prof. Osterwalder nimmt jedoch noch einmal den Ultraschallkopf in die Hand und findet innerhalb von 15 Sekunden den Pneumothorax (Luft im Pleuraspalt, was die Ausdehnung des Lungenflügels verhindert). Eine Intubation hätte durch den Druck das Krankheitsbild verschlimmert, der Patient hätte einige Zeit auf der Intensivstation verbringen müssen. So konnte er nach vier Tagen entlassen werden.

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Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) stellt in Berlin im Rahmen einer Pressekonferenz am 13.06.2013 eine Studie zum Thema Ultraschalluntersuchungen in der Notfallmedizin vor.
Dr. med. Stefan Nöldeke, Chefarzt der Abteilung Gefäßchirurgie, Klinikum Garmisch-Patenkirchen und Präsident der DEGUM, Dr.med. Andreas Schuler, Ärztlicher Direktor, Chefarzt Medizinische Klinik, Alb Fils Kliniken, Helfenstein Klinik Geislingen, Vorstand DEGUM und Kongresspräsident 2013 und
Professor Dr.med. Joseph Osterwalder, Chefarzt der Zentralen Notfallaufnahme am Kantonspital St Gallen/Schweiz, Leiter des Arbeitskreises Notfallsonografie der DEGUM
haben eine Mission.

Wie brauchen „Notfallgeneralisten“ am Ultraschallgerät, um „präklinisch Weichen stellen“ zu können, so Dr. Nöldeke. Die Feindiagnostik mit dem Ultraschallgerät bleibt weiterhin den Spezialisten der medizinischen Fachrichtungen vorbehalten, hier geht es ausschließlich um notfallspezifische

Dr. med. Stefan Nöldeke, Chefarzt der Abteilung Gefäßchirurgie, Klinikum Garmisch-Patenkirchen und Präsident der DEGUM/Photo: DEGUM
Fragestellungen.

Die DEGUM hat eine Arbeitsgruppe errichtet, die ein Curriculum für die Weiterbildung von Ärzten entwickelt. Die Notfallärzte müssen die akut lebensbedrohlichen Erkrankungen aus allen Disziplinen erkennen können: Kardiologie, Neurologie, Innere Medizin und Pädiatrie. Gibt es Entzündungen und Blutungen im Bauchraum? Sind die großen Bauchorgane verletzt? Bestehen Ergüsse im Brustraum? Liegen im Herz Volumenprobleme oder Stauungen vor?

Für Einsätze außerhalb der Notaufnahme steht seit zwei Jahren ein kleines portables Ultraschallgerät zur Verfügung. In Rettungshubschraubern kommt es bereits flächendeckend zum Einsatz. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse stellen sicher, dass der Patient in eine spezialisierte Klinik geflogen werden kann und so wertvolle Zeit nicht verloren geht. „Wir sind begeistert ob der Kleinheit dieses Gerätes“, schwärmt Prof. Osterwalder.

Kommt ein Patient selbst in die Notaufnahme eines Krankenhauses, wird neben der Anamnese und klinischen Untersuchung immer ein bildgebendes Verfahren durchgeführt. Eine multizentrische Studie ist mit Unterstützung der DEGUM der Frage nachgegangen, welche Rolle es spielt, ob dieses Verfahren eine Ultraschalluntersuchung ist.1452 Patienten haben teilgenommen, das Ergebnis ist eindeutig: In über 50% der Fälle wurde sofort eine Indikation zur weiterführenden Therapie gestellt, in über 46 Prozent konnten relevante andere Diagnosen ausgeschlossen werden. Nur bei 2,6 Prozent war der Ultraschall ohne Einfluss auf die Therapieentscheidung. Die Verweildauer im Krankenhaus konnte um 40% gesenkt werden. „Das ist statistisch relevant“, so Dr. Schuler, und spart auch Kosten ein.

Dr.med. Andreas Schuler, Ärztlicher Direktor, Chefarzt Medizinische Klinik, Alb Fils Kliniken, Helfenstein Klinik Geislingen, Vorstand DEGUM/Photo: DEGUM

„Es ist gefährlich, wenn Patienten zuerst von einem Spezialisten angeschaut werden und nicht von einem Generalisten“, erläutert Prof. Osterwalder, Dr. Nöldeke spricht von „Notfallgeneralisten“. Die flächendeckende Ausbildung von Ärzten am Ultraschallgerät in der Notfallmedizin ist bislang gescheitert an dem medizinischen Dogma „Eine fokussierte, unvollständige Untersuchung ist keine Untersuchung, nur der Spezialist ist dazu befähigt und berechtigt!“ kritisiert Prof. Osterwalder. „Wir müssen weg von der allein fachspezifischen hin zur organspezifischen Sonografie“, betont er.
Dr.Nöldeke mahnt, dass die mobilen Geräte auch endlich in bodengebundenen Rettungsmitteln zum Einsatz kommen.

Die Notaufnahme im Kantonspital St.Gallen nimmt diesmal eine Frau auf, sie wurde zuhause geschlagen. Sie hat schwere Atemnot, das klinische Bild deutet auf ein Geschehen im Gehirn hin. Die Notfallsonografie rettet der Frau das Leben: Es handelt sich um eine Lungenembolie. Durch die sofortige Auflösung des Thrombus kann sie nach wenigen Tagen entlassen werden.

C. Musah