Neues Behandlungskonzept bei Infektionen von Gelenkprothesen

Schonende und schnelle Hilfe bei endoprothetischen Komplikationen

Asia 728x90

CharitéUMB-4c_IllCSMediziner der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben eine neue Strategie entwickelt, um Infektionen von Gelenkprothesen gezielt und nachhaltig zu behandeln. Patienten aus ganz Deutschland kommen zu den interdisziplinär arbeitenden Spezialisten an die Charité. Ein Grund: Das innovative Konzept führt zu einer Heilungsrate von über 90 Prozent. Im internationalen Vergleich liegt die Heilung solcher Infektionen bei 60 bis 70 Prozent. Gleichzeitig sind die Behandlungszeiten am Zentrum für Septische Chirurgie der Charité deutlich kürzer. Das ist stressärmer für Patienten und führt zu weniger Behandlungskosten.

Ein Hüft– oder Kniegelenk durch ein künstliches auszutauschen, ist in der Orthopädie heutzutage Routine. Für die meisten Patienten bedeutet die Implantation eines neuen Gelenks eine enorme Steigerung der Lebensqualität. Bei einer geringen Anzahl von Patienten kann es in Folge einer solchen Operation jedoch zu Problemen kommen: Die Prothese beginnt zu schmerzen oder sie lockert sich. In vielen Fällen ist eine Infektion die Ursache. Eine solche Infektion erfolgreich zu behandeln, war bislang ein schwieriger und langwieriger Prozess. Die verantwortlichen Bakterien leben in der Regel in einem sogenannten Biofilm und die Entzündungsfaktoren sind deshalb im Blut nicht leicht nachzuweisen. Biofilme entstehen, wenn sich Mikroorganismen an Grenzflächen ansiedeln, wie beispielsweise zwischen dem natürlichen Gewebe und einem künstlichen Gelenk. „70 bis 80 Prozent der betroffenen Patienten, die wir hier am Centrum für Muskuloskelatale Chirurgie (CMSC) behandeln, kommen aus dem gesamten Bundesgebiet zu uns“, sagt der Stellvertretende Direktor des Centrums, Prof. Dr. Carsten Perka. Patienten, die nach einem Prothesentausch bislang sechs bis acht Wochen auf ein neues Gelenk warten mussten, können nun bereits nach zwei bis drei Wochen in die Rehabilitation oder zurück nach Hause. Bei einem Teil der Patienten kann die Prothese sogar erhalten oder in einer einzigen Operation ausgewechselt werden.

Das neue Behandlungskonzept der Charité fußt auf zwei Säulen: Einer differenzierten Diagnostik und einer innovativen interdisziplinären Therapie. Auf einer Spezialstation der Charité arbeiten Chirurgen, Infektiologen und Mikrobiologen deshalb Hand in Hand. Der entscheidende Schritt für eine erfolgreiche Therapie ist zunächst der präzise Nachweis des jeweiligen Erregertyps mit modernen Methoden wie der Sonikation (Ultraschallbad der Prothese) und die gezielte Gabe eines passenden Antibiotikums. „Antibiotika sind keine Wundermittel, aber sie können bei periprothetischen Infektionen Wunder bewirken, wenn zwei Kriterien erfüllt sind: Man muss sie gezielt geben und man muss sie immer mit der passenden Chirurgie kombinieren“, sagt Privatdozent Dr. Andrej Trampuz, Facharzt für Infektiologie und Sektionsleiter der Septischen Chirurgie am CMSC.

Die Behandlungsstrategie hängt davon ab, ob es sich um eine akute oder eine chronische Infektion handelt. Bei akuten Infektionen kann die Prothese sogar erhalten und nur die beweglichen Teile müssen ausgewechselt werden. Das führt zu einer deutlich verminderten Belastung für den Patienten und zu einer Reduktion der Behandlungskosten. Im Fall einer chronischen Infektion muss das gesamte Kunstgelenk durch ein neues ersetzt werden. In der Zeit, in der die Metall- oder Keramikstütze fehlt, muss der Patient im Bett bleiben. In den meisten Krankenhäusern weltweit dauert diese Phase mindestens sechs Wochen, in der Charité sind es häufig nur zwei Wochen. Dieser schnelle Prothesenwechsel scheint zu besseren Behandlungsergebnissen zu führen, insbesondere in Bezug auf den postoperativen Schmerz, die Funktion des Kunstgelenkes und die Lebensqualität der Patienten.

„Unsere Daten zeigen, dass wir eindeutig auf dem richtigen Weg sind. Durch unser differenziertes und spezialisiertes Therapiekonzept sind über 90 Prozent unserer Patienten nach einer Behandlung dauerhaft ohne eine Infektion“, sagt Prof. Dr. Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor der Charité. „Leider ist diese Therapie jedoch nicht annähernd ausfinanziert. Wir hoffen auf eine baldige Berücksichtigung im Vergütungssystem“, fügt er hinzu.