DGPPN vergibt Forschungspreise 2016

logo-dgppn_header2013Mit einer Reihe von Forschungspreisen zeichnet die DGPPN innovative und herausragende Arbeiten und Projekte aus, die zu verbesserten Kenntnissen über psychische Erkrankungen und zu neuen Ansätzen in Diagnostik und Therapie führen. Die Preise sind mit über 66.000 Euro dotiert und werden im Rahmen des DGPPN Kongresses 2016 verliehen. Sie gehen an bereits anerkannte Forscher, aber auch an aufstrebende Nachwuchswissenschaftler.

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DGPPN-Forschungspreis: Prädiktive, präventive und personalisierte Medizin in Psychiatrie und Neurologie 2016
Die DGPPN verleiht diesen Preis – der bis vor kurzem unter dem Namen DGPPN-Preis für Psychopharmakotherapie bekannt war – bereits zum dritten Mal. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. Das Fördergeld mit einem Gesamtvolumen von 140.000 Euro wurde vom ehemaligen Förderverein „Psychopharmakotherapie e. V.“ an die DGPPN gespendet.

2016 geht der DGPPN-Forschungspreis: Prädiktive, präventive und personalisierte Medizin in Psychiatrie und Neurologie an Prof. Dr. med. Thomas G. Schulze vom Institut für Psychiatrische Phänomik und Genomik des Klinikums der Universität München. Die Fachjury würdigt damit seine Leistungen beim Aufbau des bisher größten internationalen Konsortiums (Consortium on Lithium Genetics – ConLiGen) zur Untersuchung der Response auf die Lithiumtherapie bei bipolaren Störungen und die dazu veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten. Das Kollektiv umfasst mehr als 2500 Patienten, welche auf ihre Lithium-Response hin charakterisiert wurden. Nach einer Publikation zur Analyse im asiatischen Subkollektiv im New England Journal of Medicine konnte die große genomweite Studie im Gesamtkollektiv in der Zeitschrift The Lancet publiziert werden. Schulze beschreibt darin signifikante Befunde für die Lithium-Response.

Hintergrund: Mit dem Preis soll innovative Psychopharmakotherapieforschung anerkannt und erfolgreich vorangetrieben werden. Ausgezeichnet werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich in der Psychopharmakotherapieforschung durch fachlich überzeugende und zukunftsweisende Arbeiten hervorgetan haben. Kriterien für die Vergabe sind insbesondere die Relevanz der Forschungserkenntnisse für die Versorgung psychisch erkrankter Menschen, originelle Ansätze sowie die methodische Qualität der Untersuchung.

DGPPN-Preis zur Erforschung von psychischen Erkrankungen 2016
Die DGPPN verleiht in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit den mit insgesamt 15.000 Euro dotierten DGPPN-Preis zur Erforschung von psychischen Erkrankungen. Die Jury würdigt in diesem Jahr eine Arbeit aus dem Bereich der neurobiologischen Grundlagenforschung und eine Arbeit, die an der Schnittstelle zwischen „sozialer“ Neurowissenschaft und Psychiatrie liegt. Die Arbeiten der zwei Wissenschaftler besitzen hohen Innovationswert und überzeugen mit hervorragender methodischer Qualität. Darüber hinaus haben die Preisträger hochrangig publiziert.

  • Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Danilo Bzdok von der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der RWTH Aachen hat die sogenannte Machine-learning-Statistik verwendet, um neue Erkenntnisse über die Krankheitsursachen der Depression aus multizentrischen Daten zu generieren. Nicht der gesamte mediale Präfrontalkortex im Default-Mode-Netzwerk, sondern insbesondere sein linker, mittlerer Anteil trägt demnach zur Krankheit bei. Dieses Fallbeispiel zeigt das enorme Potenzial, zukünftig Machine-learning-Methoden auf große Datensätze in der medizinischen Forschung einzusetzen.
  • PD Dr. med. Leonhard Schilbach von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie München erhält den Preis für seine wissenschaftlichen Arbeiten, die einem integrativen Ansatz folgend die Funktion des gesunden und erkrankten Gehirns im Rahmen von sozialer Interaktion untersuchen. Diese Zielsetzung ergibt sich aus der Einsicht, dass psychische Erkrankungen v. a. durch Beeinträchtigungen der Interaktionsfähigkeit charakterisiert sind. Der Ansatz verspricht somit Beiträge zur Aufklärung über neuronale Pathomechanismen und Interventionen auf dem Niveau neuronaler Netzwerke zu leisten und könnte dabei helfen, die dringend notwendige Brücke zwischen den sogenannten sozialen Neurowissenschaften und der klinischen Anwendung zu schlagen.
  • Hintergrund: Mit diesem Preis fördert die DGPPN junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit herausragenden Forschungsarbeiten und zukunftsweisenden Modellen zu bedeutsamen Entwicklungen im Bereich der psychischen Erkrankungen und deren Behandlung beitragen. Innovative theoretische, klinische oder experimentelle Forschungskonzepte werden ausdrücklich begrüßt. Kriterien für die Vergabe des Preises sind insbesondere die Relevanz der Forschungsergebnisse für die Versorgung von psychisch erkrankten Menschen sowie die methodische Qualität der Untersuchung.

DGPPN-Promotionspreis – Hans-Heimann-Preis 2016
Die DGPPN verleiht in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit zu Ehren des Schweizer Psychiaters und Psychotherapeuten sowie langjährigen Direktors der Psychiatrischen Universitätsklinik Tübingen, Prof. Dr. med. Hans Heimann (1922–2006) zum achten Mal den mit insgesamt 24.000 Euro dotierten DGPPN-Promotionspreis – Hans-Heimann-Preis. Ausgezeichnet werden drei Tandems von jungen Wissenschaftlern sowie ihre Betreuer mit je 8000 Euro für die besten Dissertationen in dem Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie.

  • Doktorandin Dr. med. Katharina Stegmayer
    Betreuer Univ.-Prof. Dr. med. Oliver Gruber

    Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bern und Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie
    Diese Promotionsarbeit untersucht genaue neuronale Grundlagen bipolar affektiver Störungen im Gehirn. Patienten mit bipolar affektiver Störung leiden häufig an Schwierigkeiten im Arbeitsgedächtnis. Dies führt zu Leistungseinbußen und kann die Patienten im Alltag stark beeinträchtigen. Erstmals konnten nun Veränderungen der Aktivität und Vernetzung in Regionen der Emotionsverarbeitung gezeigt werden. Diese Veränderungen stören offenbar das Arbeitsgedächtnis. Im Alltag könnten daher betroffene Patienten beispielsweise durch Ärger oder Wut leichter abzulenken sein. Ausgehend von diesem neuen Verständnis der Pathophysiologie lassen sich nun neue Therapiemöglichkeiten, zum Beispiel nichtinvasive Neurostimulationsverfahren, testen.
  • Doktorand Dr. med. Nils Opel
    Betreuer Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Udo Dannlowski

    Westfälische Wilhelms-Universität Münster – Forschungsbereich Translationale Psychiatrie
    Hippokampale Atrophie ist einer der meist-replizierten Bildgebungsbefunde in Studien zur depressiven Erkrankung. Unklar blieb bisher, ob es sich hierbei um einen Effekt der Erkrankung selbst oder um einen prädisponierenden Faktor handelt, der dem Erkrankungsbeginn vorausgeht. Die Dissertation zeigt auf, dass die oftmals beschriebenen hippokampalen Volumenunterschiede zwischen Gesunden und Depressiven zumindest teilweise auf den konfundierenden Einfluss traumatischer Lebensereignisse in der Kindheit zurückzuführen sind. Diese Befunde deuten auf den Einfluss bereits Jahre zurückliegender, belastender Lebensereignisse auf Veränderungen limbischer Strukturen hin. Darüber hinaus verweisen sie auf die Möglichkeit einer Früherkennung von Hochrisikogruppen mittels Bildgebungstechniken.
  • Doktorandin Dr. rer. nat Melanie Hüttenrauch
    Betreuer PD Dr. rer. nat. Oliver Wirths

    Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
    Diese Promotionsarbeit untersucht den langfristigen Einfluss gesteigerter körperlicher und geistiger Aktivität auf die pathologischen Veränderungen in zwei unterschiedlichen Mausmodellen für die Alzheimer-Demenz. Im Tg4-42 Modell, welches die am häufigsten auftretende sporadische Form der Erkrankung widerspiegelt, konnte erstmalig gezeigt werden, dass körperliches Training dem Verlust von Nervenzellen im Hippocampus entgegenwirkt und sich entwickelnde Orientierungs- und Gedächtnisstörungen normalisieren. Diese Erkenntnisse untermauern die Wichtigkeit körperlicher und geistiger Aktivität als eine mögliche präventive Strategie gegen die Alzheimer-Demenz.

Hintergrund: Der Preis dient der Nachwuchsförderung und soll die Doktoranden für weitere Forschungsprojekte motivieren sowie das Engagement der Betreuer würdigen. Antragsberechtigt sind junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Dissertationen innerhalb der letzten zwei Jahre abgeschlossen wurden und die an einer medizinischen Fakultät mit dem Prädikat „sehr gut“ („magna cum laude“ oder „summa cum laude“) beurteilt wurden. Gestiftet wird der Preis von der Servier Deutschland GmbH.

DGPPN-Preis für Versorgungsforschung in Psychiatrie und Psychotherapie 2016
Die DGPPN verleiht in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit den mit 10.000 Euro dotierten DGPPN-Preis für Versorgungsforschung in Psychiatrie und Psychotherapie 2016. Die Jury hat entschieden, die Forschungsaktivitäten einer jungen Wissenschaftlerin zu würdigen.

Nathalie Oexle M.Sc.
Universität Ulm und Bezirkskrankenhaus Günzburg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II
Die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen kann zu Suizidalität beitragen, gleichzeitig ist auch suizidales Verhalten selbst stigmatisiert. Antistigma-Interventionen für die Öffentlichkeit und für Menschen mit psychischen Erkrankungen könnten daher auch die Suizidprävention verbessern. Nathalie Oexle hat durch ihre Arbeiten grundlegend zum Verständnis dieser Zusammenhänge beigetragen. Sie wird sich künftig u. a. auf Interventionsforschung konzentrieren. Im nächsten Jahr ist dafür eine Zusammenarbeit mit Graham Thornicroft und Kollegen am King’s College in London geplant.

Hintergrund: Mit diesem Preis will die DGPPN die Relevanz, die Attraktivität und die Kompetenzentwicklung der Versorgungsforschung in Psychiatrie und Psychotherapie stärken. Das Preisgeld soll für einen Forschungsaufenthalt im Ausland in einer einschlägigen wissenschaftlichen Einrichtung mit ausgewiesener Exzellenz genutzt werden. Der Preis wird an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die in der Versorgungsforschung in Psychiatrie und Psychotherapie durch erste methodisch überzeugende und zukunftsweisende Arbeiten hervorgetreten sind.

 

DGPPN-Preis für Pflege- und Gesundheitsfachberufe in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik 2016
Die DGPPN verleiht in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit den mit 5000 Euro dotierten DGPPN-Preis für Pflege- und Gesundheitsfachberufe in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. In diesem Jahr prämiert die Jury zwei Arbeiten, die mit ihrem Innovationswert sowie einer hohen Relevanz für den klinischen Alltag hervorstechen. Sie bilden ein breites Spektrum im Bereich der Pflege- und Gesundheitsfachberufe ab und haben insbesondere mit ihren wegweisenden Konzepten für die Versorgung psychisch kranker Menschen überzeugt.

  • Jenny Hufenreuter-Stoll (Ergotherapeutin) in Zusammenarbeit mit Dipl.-Psych. Josephine Otto und Prof. Dr. med. Michael Linden
    Deutsche Rentenversicherung Bund, Reha-Zentrum Seehof
    Für die randomisiert vergleichende Untersuchung der therapeutischen Wirkungen von zwei Ergotherapiegruppen haben die Studienleiter zwei Therapiemanuale mit Methoden zur Messung der Manualtreue entwickelt. Im Zentrum stehen eine Ergotherapiegruppe mit Resistenzorientierung zum Training der Arbeitsfähigkeit und eine andere mit Regenerationsorientierung zur Förderung von Wohlbefinden. Die Ergotherapeutinnen arbeiteten manualtreu. Es fanden sich differentielle Effekte, sowohl im Vergleich zu einer Gruppe von Patienten in Routinebehandlung wie auch zwischen den Gruppen. Die regenerationsorientierte Behandlung zeigte die besten Wirkungen bezüglich Stresstoleranz, Aktivitätsaufbau und Arbeitsfähigkeit, was Theorien der positiven Psychologie entspricht.
  • Manuel Stadtmann (Master in Nursing Science) in Zusammenarbeit mit Dr. med. Jochen Binder, Prof. Dr. phil. Dr. med. Andreas Maercker und Univ.-Prof. Dr. Wilfried Schnepp
    Integrierte Psychiatrie Winterthur; Universität Zürich und Universität Witten/Herdecke
    Die Arbeitsgruppe für „Spezifische Stress-assoziierte Störungen“ der World Health Organization (WHO) schlägt eine Inklusion der Diagnose „Komplexe posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS)“ in das neue ICD-11 vor. Die Literatur beschreibt, dass der Umgang mit Symptomen und die daraus folgenden Schwierigkeiten im Alltag oft der Verantwortung der Patienten und deren Angehörigen überlassen werden. Ein sequentiell vertiefendes Mixed-Methods Design wurde ausgewählt, um ein komplementäres und breites Spektrum an Wissen und Ergebnissen im Zusammenhang mit dem Symptommanagement von erwachsenen Patienten mit einer kPTBS zu generieren.

Hintergrund: Mit diesem Preis werden vorbildliche, zukunftsweisende Projekte, Modelle und wissenschaftliche Untersuchungen der Pflege- und Gesundheitsfachberufe innerhalb der psychiatrischen Behandlungs- und Versorgungsformen (ambulantes und stationäres Setting) ausgezeichnet, die insbesondere die Praxisentwicklung unterstützen. Antragsberechtigt sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflege- und Gesundheitsfachberufe.

DGPPN Best Paper Award 2016
In diesem Jahr vergibt die DGPPN zum zweiten Mal den mit 2500 Euro dotierten DGPPN Best Paper Award für den herausragendsten Beitrag auf dem Gebiet der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in der Fachzeitschrift Der Nervenarzt.

Prof. Dr. med. Alexandra Philipsen
Universität Oldenburg – Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
In ihrer Arbeit ADHS im Erwachsenenalter. Diagnostik und Therapie, veröffentlicht in Der Nervenarzt 86 (2015), S. 1171-1180, stellt die Autorin sowohl den aktuellen Wissensstand zur Diagnostik als auch zur Therapie der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vor. ADHS galt lange Zeit als Erkrankung des Kindesalters. Mittlerweile geht man jedoch von einer Persistenz der Symptome bei bis zu 60 % der Betroffenen aus. Neben den Kernsymptomen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität leiden Erwachsene mit ADHS häufig zusätzlich unter komorbiden Erkrankungen und Funktionsstörungen in verschiedenen Lebensbereichen. Inzwischen stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, deren Wirksamkeit im Rahmen kontrollierter Studien evaluiert wurde.

Hintergrund: Mit der Verleihung des DGPPN Best Paper Awards würdigt die DGPPN das hohe Niveau der in Der Nervenarzt publizierten Beiträge und möchte damit zur Förderung wissenschaftlicher Leistungen im Fach beitragen. Die Auswahl der preisgekrönten Arbeit erfolgte unter allen Übersichts-, Original- und Fortbildungsbeiträgen des vorangegangenen Jahres, mit einem besonderen Augenmerk auf denjenigen Beiträgen, die online besonders häufig abgerufen wurden. Gestiftet wird der Preis von Springer Medizin.